Gangs of New York 26401w
Der Sohn des „letzten Mohikaners“ schwingt sich mit dieser Vorstellung dazu auf unsterblich zu werden. Eine Leistung wie in Stein gehauen.
Normalerweise sieht man eine darstellerische Leistung, und man sieht auch wieviel von der Person dahinter durchscheint. Es gibt immer Lücken und Risse in der Fassade. Man kann es mit verhangenen Fenstern vergleichen, etwas Licht scheint immer durch.
Bei Lewis scheint nichts. Pure Dunkelheit, die friert und brennt. Ein Monolith, Schauspielkunst in Perfektion. Die Rolle ist so groß gespielt, dass sie jeden anderen Film gesprengt hätte, aber nicht „Gangs of New York“.
Nebenrollen in einem großen Film sind mit das wichtigste. Sie können das Rückrat sein, aber gleichzeitig auch der Genickbruch.
Die Nebendarsteller sind die Schatten der Hauptdarsteller. Sie dürfen nicht zu groß sein, aber auch nicht zu klein. Sie müssen genauso so groß sein, um das Bild im Hintergrund auszufüllen. Sie müssen die im Mittelpunkt stehenden Figuren stützen und fordern. Das ist gelungen, wenn es im Film Momente gibt, in denen man lieber den Nebenrollen folgen will.
Und es gibt diese Geistesblitze bei „Gangs“ im Kopf. Warum kann ich nicht mehr über Brendan „General“ Gleeson erfahren, ich will ihm folgen. Bringt mich zurück zu Jim Broadbent als William „Boss“ Tweed.
Ich will mehr John C. Reilly sehen, mehr Liam Neeson, und vor allem mehr von dem von den Toden auferstandenen Henry Thomas.
Organisierte Kämpfe zwischen Hund und Ratten, Steine am Kopf der gerade vom Schiff eingetroffenen Einwanderer, brennende Hä und davor sich prügelnde Feuerwehreinheiten.
Und gleichfalls Cameron Diaz im Halbdunklen, das sich endlich schließende Glasauge von Bill the Butcher. Mit einer atemberaubenden Ambivalenz lässt Scorsese Hell-Dunkel-Töne entstehen, die das Bild noch tiefer wirken lassen.
Im Sumpf der Korruption, wo Köpfe rollen, die eigentlich unschuldig sind. Indem junge Männer von den Docks direkt in einen Krieg geschickt werden mit dem sie gar nichts zu tun haben, in dieser hässlichen Fratze Amerikas, in der blutigen Geburtstunde, finden sich, wenn man denn aufmerksam sucht, Lichtblicke.
Menschen, die man für die seinen hält, verrieten den Vater. Die Kerze der Hoffnung ist ausgeblasen. Der einzige Verbündete ist jener, den man sein lebenlang im Zuchthaus verflucht hat.
Der Kopf dreht sich, wird durch Opium benebelt, denn der Mann, den man hassen müsste, versteht einen. Doch noch viel schlimmer, man versteht ihn. Eigentlich wollte man ihn töten, doch er bietet einem den Platz an seiner Seite als Nachfolger an...