Artikel21. November 2018 Irina Blum 1f1o4l
Blick hinter die Animation: 7 irre Fakten zur Entstehung von Wes Andersons «Isle of Dogs» 6395

Dass Stop-Motion-Produktionen enorm viel Aufwand mit sich bringen, ist bekannt. Wie viel Herzblut und Geduld es schlussendlich aber braucht, zeigen die 7 Fakten rund um die Erzählungen von Animatorin Kim Keukeleire und Head of Paint Department Roy Bell, die beide merklich an der Entstehung von «Isle of Dogs» beteiligt waren und am diesjährigen Fantoche von ihrer Arbeit erzählten.
1. Beim Dekor ist alt nicht gleich alt. 6a4148
Bei «Isle of Dogs» musste das Paint Department, das als Teil des Art Department für alles Gemalte im Film verantwortlich ist, vor allem bei den Sets auf Trash Island alles alt erscheinen lassen – so wurden Dreck, Rost oder Ölflecken alle im Nachhinein aufgemalt, um den Anschein zu erwecken, alles liege schon seit Jahren dort. Die Vintage-Effekte und Gebrauchsspuren bei Metallgegenständen wurden aber nicht – wie man annehmen könnte – aufgemalt, sondern im Nachhinein mit einer Art Klebeband angeklebt. Manchmal täuscht der Schein!
2. Die Maler erledigen die Aufräumarbeiten. 75m3r
Die Arbeit der Painter ist nicht schon dann getan, wenn die Sets fertig stehen – sie sind auch an den „Aufräumarbeiten“ massgeblich beteiligt: Weil die Füsse der Stop-Motion-Puppen während dem Filmdreh auf dem Set befestigt werden müssen, werden Löcher gebort – die man natürlich nicht sehen sollte, wenn sich die Puppen später an einer anderen Stelle befinden. Ein grosser Teil der Arbeit der Painter besteht darum darin, schon einmal Gemaltes zu kaschieren. Das war laut Roy Bell, dem Head of Paint Department, vor allem bei der Szene im Rathaus extrem aufwendig: Ungefähr 40 Figuren sind darin zu sehen, was für ihn nach jeder Aufnahme mindestens 80 Löcher bedeutete, die er wieder unsichtbar machen musste.

3. Wes Anderson weiss genau, was er will. 204n22
Insgesamt war Roy Bell rund 27 Monate mit «Isle of Dogs» beschäftigt – lange, bevor Regisseur Wes Anderson am Set anwesend war. Nichtsdestotrotz war Wes bei jedem noch so kleinen Entscheidungsprozess beteiligt – so schickte das Team regelmässig E-Mails von den neusten Entwicklungen, wozu der Regisseur dann gab. Ein Beispiel: Für das Rathaus in Megasaki City im Film wählte Roy 16 verschiedene Rottöne aus, die er dann Wes als Vorschlag schickte – dieser entschied sich dann schlussendlich für drei unterschiedliche Rottöne.
Auch die für den Film so typischen Rost-Landschaften sind Wes zu verdanken. Das Art Department hat viel mit verschiedenen Materialen experimentiert und auch Öllandschaften kreiert – Wes bevorzugte aber Rost, weil es gut mit blauem Licht reagiert und damit die Leuchtkraft der Farben verstärkt. Wes’ Einfluss machte auch vor den Animatoren keinen Halt: Jeden Tag schickte er als Briefing Videoaufnahmen von sich selbst, in denen er die an diesem Tag gedrehten Szenen inklusive Dialog anhand seiner Vorstellungen vorspielte.

4. Manchmal ist alles eine Sache der Perspektive. s4tx
Nahaufnahmen entpuppen sich als erheblicher Mehraufwand für das Art Department. Wenn zum Beispiel das Gesicht der Hauptfigur Atari in einer Nahaufnahme gezeigt wird, muss auch der Hintergrund entsprechend anget werden. Die Samurai-Figur auf Trash Island musste Roy deshalb zwei Mal malen – einmal entsprechend den Grössenverhältnissen der Figuren, einmal weitaus grösser. Keine leichte Aufgabe bei so vielen Details!
Um sich Arbeit bei grossen Sets wie dem Autoparkplatz zu ersparen, griff man bei «Isle of Dogs» auf einen einfachen, aber effektiven Trick zurück: Die Sets wurden zum Teil nicht flach, sondern beinahe vertikal gekippt erschaffen, um sie mit der richtigen Kameraperspektive um einiges grösser erscheinen zu lassen – Risse im Boden wurden dementsprechend in der Nähe weit auseinander gemalt und weit weg immer näher zusammen.
Auch die Animationsabteilung musste erfinderisch sein. In einer Szene wirft Atari zum Beispiel einen Stock von sich weg, den Hund Spot zurückbringen soll. Um Perspektiven realistisch darstellen zu können, wurde der Stock in 3 verschiedenen Grössen hergestellt und mit einem kleineren Stock ausgetauscht, je weiter weg sich der im Flug befindende Stock von der Kamera befindet.

5. Self-Made bekommt bei Wes Anderson eine komplett neue Bedeutung. 42ms
Wes Anderson wollte für den Stop-Motion-Film absolut keine Bearbeitung durch Post-Produktion. Heisst: Alles, was man im Film sieht, musste so während dem Dreh schon da sein – inklusive Special Effects wie dem Staub, der entsteht, wenn sich die Hunde zu Beginn im Dreck prügeln. Auch für das Paint Department wurde das zu einer monströsen Aufgabe. Obwohl im Film zu sehende Bilder zuerst digital designt wurden, sollten sie danach für die Filmaufnahmen noch von Hand gemalt werden, um dem Film noch mehr Echtheit zu verleihen.
6. Auch Alltagsprodukte können für eine Mega-Produktion wie diese äusserst hilfreich sein. 55v64
Wes Anderson ist bekannt dafür, bei seinen Stop-Motion-Projekten auf Alltagsprodukte zurückzugreifen. Ein Beispiel aus «Isle of Dogs»: Die Wellen im Meer wurden mit Haargel gemacht. Auch sonst ist oft Pragmatismus gefragt – Wes Anderson fand in einer Aufnahme zum Beispiel den Arm einer Figur zu dick und schlug vor, diesen schmaler zu machen. Bei 17 Ausführungen einer Puppe in unterschiedlichen Grössen hätte das locker einen Mehraufwand von 2 Wochen bedeutet. Kim Keukeleire musste, um das zu verhindern, kreativ sein: Indem die Platzierung der Arme und Hände geändert wurde, sahen die Arme schon halb so dick aus.
7. Am Schluss landet die ganze Arbeit im Museum – oder auf dem Müll. 4x4j2v
Insgesamt wurden für die Schauplätze in Megasaki City und Trash Island vom Art Department über 200 Sets geschaffen, die allesamt irgendwo im Film zu sehen sind. Ein Teil davon wurde in London ausgestellt, auch weitere Sets wurden von Museen für Spezialausstellungen beansprucht. Der grosse Rest landet jedoch dort, wo auch der Film spielt: Auf der Müllhalde.

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