Artikel26. Dezember 2024 Cineman Redaktion 5y2w6a

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Glaubenskrise: Die 10 besten Horrorfilme zum Thema Religion
© IMDb | Anya Taylor-Joy in «The Witch»

Als böser Ketzer gibt Hugh Grant in «Heretic» eine Glanzvorstellung. Der Film, der den Glauben an sich infrage stellt, ist aber nur das jüngste Beispiel für die heilige Tradition des religiösen Horrors auf der Leinwand. Wahnhafte Überzeugungen, Kulte und der Klerus können erschreckende Szenarien schaffen. Wir haben die 10 besten Horrorfilme zum Thema Religion herausgesucht – Amen.

Ein Text von Sarah Stutte

1. «Suspiria» (1977) 153015

Darum geht’s: Die junge Amerikanerin Suzy Banyon reist nach Deutschland, um hier an einer renommierten Ballettschule zu studieren. Doch schon in ihrer ersten Nacht trifft sie auf ein verwirrtes Mädchen, das etwas Unverständliches schreit, dann panisch aus dem Hauptausgang stürmt und in der Dunkelheit verschwindet. Am nächsten Tag wird diese Schülerin ermordet aufgefunden. Immer mehr unerklärliche Dinge und grausame Morde geschehen, sodass Suzy selbst Nachforschungen anstellt und langsam ein dunkles Geheimnis aufdeckt.

Sehenswert, weil: Dario Argentos visionärer Horrorfilm über eine von Hexen geführte Tanzschule gilt heute als ästhetisches Giallo-Meisterwerk. Sein kräftiges Farbenspiel, die einmalige Kulisse, die beunruhigende Atmosphäre und der eigens für den Film arrangierte Soundtrack von Goblin machen ihn zu einem unerreicht intensiven audiovisuellen Fiebertraum. Gemeinsam mit der Hauptfigur gleiten die Zuschauer:innen immer tiefer in den okkulten Wahnsinn ab. Ebenfalls gut ist auch das wuchtige Remake von 2018 – hier wird das Setting in den politischen Tumult des RAF-Berlins der 70er-Jahre versetzt.

2. «The Wicker Man» (1973) 3c325c

Darum geht’s: Sergeant Neil Howie erhält einen anonymen Brief, in dem er auf das Verschwinden eines Mädchens aufmerksam gemacht wird. Seine Ermittlungen führen ihn auf die abgelegene Insel Summerisle vor der schottischen Küste. Doch weder der hochmütige Gutsherr (Christopher Lee) noch die Bewohner:innen des Eilands wollen ihm weiterhelfen und benehmen sich zunehmend sonderbar. Als der gläubige Christ Howie erfährt, wie sehr sich die Menschen hier einer Naturreligion verschrieben haben, ist es schon zu spät.

Sehenswert, weil: Ein beängstigender Klassiker des Sektenhorrors, den Regisseur Robin Hardy als satirischen Verschwörungsthriller mit Musical-Elementen, einer Dichte an folkloristischen Details und rätselhaft-verstörenden Szenen inszenierte. Die ironischen Anspielungen auf das Christentum sind unverkennbar und der grausame Schluss ein Schlag in die Magengrube. Der Film inspirierte zahlreiche spätere Folk-Horrorfilme, so auch «Midsommar» (2019) von Ari Aster – der ebenfalls jede Menge verstörende Bilder über heidnische Brauchtümer beinhaltet.

3. «Carrie» (1976) 2w604q

Darum geht’s: Teenagerin Carrie White (Sissy Spacek) wird zuhause von ihrer religiös-fanatischen Mutter unterdrückt. Alles, was nur annähernd mit Sex zu tun hat: die erste Periode, das Erwachen zur Frau, ist in den Augen von Margret White satanisch. Dafür wird das scheue Mädchen in der Schule gemobbt. Die andauernden Hänseleien der Mitschüler:innen und der zunehmende Wahn der Mutter lassen in Carrie ihre tief in ihr schlummernden telekinetischen Fähigkeiten erwachen. Dann wird sie auf ihrem Abschlussball brutal gedemütigt – und rächt sich blutig.

Sehenswert, weil: In Brian De Palmas Verfilmung von Stephen Kings Debütroman jagt vor allem die gruselige, missbrauchende Mutter Angst ein. Die von Piper Laurie gespielte Margaret White ist wie eine grausame, dunkle Macht, die ihrer Tochter Zweifel, Selbsthass und Schuldgefühle einimpft. Ihr Glaube nährt sich allein durch die Verbitterung über ihr Dasein als Frau und Mutter, mit der sie die Misshandlung ihrer Tochter rechtfertigt. Diese giftige Dynamik entwickelt sich zu einem übernatürlichen Kräftemessen und findet im filmischen Finale sogar noch einen enderen Abgesang auf die Bigotterie der Kleinstadtidylle.

4. «Das Omen» (1976) 2445s

Darum geht’s: Als das Kind des US-Botschafter-Ehepaars Thorn (Gregory Peck und Lee Remick) bei der Geburt in Rom stirbt, gibt der Mann seiner ahnungslosen Frau ein anderes, gesundes und mutterloses Baby als ihr eigenes aus. Doch mit Damien stimmt etwas nicht, was sich zum ersten Mal an der Party zu seinem fünften Geburtstag bemerkbar macht. Dort erhängt sich das Kindermädchen vor den versammelten Gästen. Als sich die Todesfälle in Damiens Umfeld häufen, dämmert den Thorns langsam, dass sie sich den leibhaftigen Sohn des Teufels ins Haus geholt haben.

Sehenswert, weil: Die Mutter des «Evil Child»-Subgenres. Kein anderes Kind war auch nur annähernd so schaurig-grausam wie Damien – und das ohne Spezialeffekte und nur mit stoischem Schauspiel! Der Erfolg des Low Budget-Erstlings samt der düsteren Filmmusik führte zu einer Reihe von mehr oder weniger guten Fortsetzungen, Fernsehfilmen und einem lauen Remake von 2006. Abgesehen vom dritten Teil, in dem Sam Neill als erwachsener Damien die politische Macht erlangt, erreicht nichts das beunruhigende Niveau des Originals. Das Böse wird hier mit aller Vehemenz zelebriert.

5. «Der Exorzist» (1973) 631j5r

Darum geht’s: Die alleinerziehende Schauspielerin Chris MacNeil (Ellen Burstyn) bemerkt, dass ihre 12-jährige Tochter Regan (Linda Blair) ein seltsames Verhalten an den Tag legt und unerklärliche Blutergüsse aufweist. Hilfesuchend wendet sie sich schliesslich an den Jesuitenpater Damien Karras (Jason Miller), der mit seinem eigenen Glauben zu kämpfen hat. Er erkennt, dass Regan von einer dämonischen Macht besessen ist und nimmt zusammen mit Pater Merrin (Max von Sydow) eine Teufelsaustreibung an dem Mädchen vor.

Sehenswert, weil: William Friedkins Kassenschlager mit seinen handgemachten Spezialeffekten ist das Referenzwerk in Sachen religiöser Horror. Der Film löste damals eine Hysterie aus, viele Besucher:innen verliessen fluchtartig die Kinos. Belegt sind zudem dutzende Ohnmachtsanfälle, ein tödlicher Herzinfarkt und eine Fehlgeburt als Reaktion darauf. Zudem nahmen weltweit die Exorzismus-Meldungen in den katholischen Diözesen zu. Zweifach oscarprämiert ist «Der Exorzist» – der fünf Fortsetzungen hatte – auch heute noch eine furchteinflössende Auseinandersetzung mit Glaubenskrisen.

6. «Rosemary's Baby» (1968) 3t5r1a

Darum geht’s: Rosemary (Mia Farrow) und ihr Mann Guy (John Cassavetes) ziehen in ein New Yorker Apartment, das wohl in der Vergangenheit Schauplatz mysteriöser Todesfälle gewesen sein soll. Doch das junge Ehepaar fühlt sich hier wohl, die älteren Nachbarn Castevet sind nett und erweisen sich als hilfsbereit, als Rosemary bald darauf unter fragwürdigen Umständen schwanger wird. In der Folge leidet sie unter Unterleibsschmerzen und fängt allmählich an, daran zu zweifeln, ob die Castevets wirklich nur ihr Bestes oder stattdessen nicht viel mehr ihr ungeborenes Kind wollen.

Sehenswert, weil: Im subtil-verstörenden Mietshaus-Schocker wird die biblische Jungfrauengeburt genauso satirisch beleuchtet wie der traditionelle Aberglaube, die psychischen Folgen für die Mutter aber durchaus ernst genommen. «Rosemary's Baby» lebt von einer sich langsam aufbauenden Spannungsdramaturgie, die bis zum unbehaglichen Ende ohne reisserische Showeffekte auskommt. Traurige Ironie des Schicksals: Nur ein Jahr später wurde Regisseur Roman Polanski selbst Opfer eines satanischen Kults – der Manson Family, die seine schwangere Frau tötete.

7. «Martyrs» (2008) 4l3m56

Darum geht’s: Als Kind entkommt Lucie einer traumatischen Geiselhaft, in der sie über ein Jahr lang gefoltert wurde. Im Waisenhaus trifft das verstörte Mädchen auf die gleichaltrige Anna und freundet sich mit ihr an. Fünfzehn Jahre später glaubt Lucie, ihre Peiniger:innen wiederzuerkennen, fährt zu dem Haus und erschiesst die vierköpfige Familie mit einer Schrotflinte. Als Anna dort eintrifft, um ihr zu helfen, begeht die halluzinierende Lucie Selbstmord. Doch das Grauen hat für Anna damit gerade erst begonnen.

Sehenswert, weil: «Martyrs» kann wahlweise als Highlight oder als beunruhigender Abschluss der «New French Extremity» bezeichnet werden – einer Welle von ultrabrutalen französischen Horrorfilmen, die in den frühen 2000er-Jahren Einzug hielten. Die polarisierende Handlung (dem Film wurde unter anderem Frauenfeindlichkeit vorgeworfen) setzt sich bis zum Äussersten mit menschlichem Sadismus auseinander, der auf religiösem Wahn und Kontrolle beruht. Dabei schickt der Film die Zuschauer:innen selbst durch eine Tour de Force aufgrund der rohen, zermürbenden Folterszenen.

8. «The Witch» (2015) 57376t

Darum geht’s: Der Siedler William ist gerade erst mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in Neuengland angekommen, da wird er aufgrund seiner strenggläubigen Überzeugungen schon wieder aus der puritanischen Gemeinschaft verstossen. Die Familie entschliesst sich deshalb, bibeltreu am Rande der Zivilisation zu leben. Doch dann ist ihre Ernte von Fäulnis betroffen, der Ziegenbock verhält sich seltsam und Baby Samuel verschwindet spurlos im Wald – entführt von einer Hexe. Das führt zu wahnhafter Paranoia unter den Gottesfürchtigen.

Sehenswert, weil: Mit seinem Langfilmdebüt gewann Autor und Regisseur Robert Eggers 2015 den «Directing Award» am Sundance Film Festival. Sein atmosphärisch, mit beunruhigendem Sound unterlegter und geschichtlich verbriefter Gruselfilm wurzelt auf dem fruchtbaren Boden von religiösem Eifer, sozialer Isolation und Erbsünde. Das Hexenmotiv benutzt Eggers geschickt, um den Spiess der Bedrohung umzudrehen. Der unerschütterliche Glaube gepaart mit den verdrehten folkloristischen Fantasien fördert viel dunklere Geheimnisse zutage.

9. «Saint Maud» (2019) 3s701g

Darum geht’s: Die junge Krankenschwester Maud übernimmt privat die Pflege der unheilbar kranken Amanda. Diese war einst eine erfolgreiche Tänzerin, lebt aber heute aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigungen völlig zurückgezogen. Nur die gelegentlichen Besuche ihrer Geliebten Carol und Alkohol vertreiben der depressiven Amanda die Zeit. Das sieht die von Schuldgefühlen und mysteriösen Visionen geplagte Maud nicht gerne. In ihrer obsessiven, fast körperlichen Beziehung zu Gott hat Amandas Seelenheil für sie äusserste Priorität.

Sehenswert, weil: Der Debütfilm von Autorin und Regisseurin Rose Glass («Love Lies Bleeding») erzählt eine einfache, aber intensive Geschichte, in der sich der Schrecken langsam entfaltet. Reich an mystischer Symbolik entwickelt der Film eine Sogwirkung und zeigt, wie sich religiöser Eifer auf eine erkrankte, einsame Psyche auswirkt. Besonders die engagierte Darbietung der Hauptdarstellerin Morfydd Clark sorgt für ein viszerales Filmerlebnis, das die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lässt.

10. «The Wailing» (2016) 2z5d6s

Darum geht’s: Im südkoreanischen Dämonen-Drama «The Wailing» gerät ein Dorfpolizist an eine teuflische Präsenz, die mit einer grausamen Mordserie in Verbindung steht und letztendlich auch seine Familie bedroht.

Sehenswert, weil: «The Wailing» von Na Hong-jin büsst in seiner Laufzeit von knapp 2,5 Stunden nichts von seiner dunklen, unbehaglichen Faszination ein. Der Film blickt in die Abgründe einer Gesellschaft, die zwischen Tradition und Moderne gefangen und von Schamanismus und Rassismus geprägt ist.

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