Bergers Kanada, Frankreich 2024 – 113min. 1y6p12
Filmkritik 4v6w5g
«Bergers» – Ein Mann, ein Hund, eine Herde 461a36
Mathyas träumt davon, Hirte zu werden. Dafür lässt er Montreal und seinen Job im Marketing hinter sich und zieht in die Provence. Doch der Einstieg in diesen alten Beruf ist hart: Es gibt nur wenige freie Stellen und das Leben als Hirte ist alles andere als leicht. Während Mathyas seine Erfahrungen aufschreibt, entdeckt er eine stille, fast musikalische Verbindung – eine pastorale Harmonie, die sich im Rhythmus der Tiere und der Natur entfaltet.
Hungerlohn, Klimakrise und weltfremde Gesetze von Politikern, die den Alltag draussen auf dem Land nicht kennen – das Leben als Hirte ist hart. In der bäuerlichen Welt wird der Beruf oft nicht geachtet. Trotzdem lässt sich Mathyas (Félix-Antoine Duval), ein junger Mann aus Quebec in seinen Dreissigern, nicht abschrecken. Er gibt seine Heimat und den gut bezahlten Werbejob auf, um ein einfaches, naturnahes Leben zu führen. Ein bisschen naiv, vollgepackt mit theoretischem Wissen, taucht er voller Begeisterung bei einer Viehmesse in der Provence zum ersten Mal mitten unter echte Tierhalter ein. Er bleibt dran, gibt nicht auf – und wird bald verantwortlich für eine riesige Herde von Schafen, die er durch traumhafte Berglandschaften führen soll.
Immer wieder hört man Mathyas’ Stimme – seine Gedanken, seine Zweifel, seine Beobachtungen. Er hält alles in einem Tagebuch fest, das irgendwann ein Buch über das Hirtenleben werden soll. Anfangs versteht er kaum das Vokabular der Viehhalter – die raue, direkte Sprache der Profis. Und dann gibt es da noch die sogenannten «schwarzen Schafe» der Branche: Männer, die ihre Tiere mit wüsten Beschimpfungen überhäufen – oft mit Worten, die normalerweise Frauen abwerten sollen. Doch Sprache ist hier mehr als Fluch: Mit der Stimme lassen sich Schafe bewegen «wie eine flüssige Masse», Hunde rufen, Tiere beruhigen – sie ist Werkzeug und Ausdruck zugleich.
Das lateinische Wort pastoralis bedeutet «zum Hirten gehörend» oder «ländlich». Daraus entwickelte sich das Ideal eines friedlichen Lebens im Einklang mit der Natur – genau das, was Mathyas antreibt. Doch der Weg dorthin ist steinig. «Wenn du willst, dass dir deine Schafe gehorchen, musst du sie hassen», sagt ihm Mohamed, ein erfahrener Hirte aus Marokko. Doch Mathyas sieht das anders: Er liebt seine Tiere, kümmert sich mit Hingabe um sie. Anfangs zurückhaltend, sagt er eines Tages laut und deutlich Nein – als sein zweiter Chef voller Wut mit dem Pickup auf ein paar «unbrauchbare» Widder zurast.
Mathyas ist nicht allein. Da ist Elise (Guilaine Londez), eine erfahrene Züchterin, die ein Paar sucht, um mit ihren 827 Schafen den Sommer auf den Hochweiden zu verbringen. Der Film, gedreht in echten Landschaften mit tausenden Tieren in Bewegung – wie tanzende Vogelschwärme – ist eine Hommage an einen der ältesten Berufe der Menschheit. Er führt uns in eine Zeitlosigkeit, zeigt die Schönheit der Natur – und verschweigt nicht die dunklen Wolken, die heute über dem Beruf des Hirten hängen.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
& Registrierung